Humboldt-Universität: Hausverbot für aktivistische Student:innen?

Foto von: Tariq M. Suleiman (Link: Instagram)

Quelle: Hands Off Students Rights, 27.05.2025 (Link: Instagram)

Update zur Hörsaalbesetzung am 16.4.2025:
Laut eines kürzlich veröffentlichten Artikels des Tagesspiegels will HU-Präsidentin Julia von Blumenthal ihre Studierenden schnellstmöglich mit einem Hausverbot bestrafen. Das verschärfte Ordnungsrecht wurde zum Zeitpunkt der Besetzung von der HU noch nicht in Kraft gesetzt. So können, wie es der Uni-Leitung sicherlich lieber wäre, keine schärferen Sanktionen wie Exmatrikulationen durchgesetzt
werden.

Am 16.04.25 fand die jüngste HU-Besetzung im Emil-Fischer-Hörsaal statt, bei der mindestens 90 Personen teilnahmen. Zum Kontext und den Forderungen der Besetzung wird in der Presse natürlich mal wieder kein Wort verloren.

Hintergrund der Besetzung waren vor allem die drohenden Abschiebungen der „Berlin4″; 4 palästinasolidarische Aktivistinnen, die auf Grund ihrer Beteiligung an Protesten und konkret an einer Unibesetzung trotz gültigem Aufenthalt und ohne strafrechtliches Urteil abgeschoben werden sollten. Unter dem Motto „Free Palestine means No Borders” forderten die Protestierenden ein Ende aller Abschiebungen, ein Ende des Genozids sowie der israelischen Besatzung in Palästina, einen kulturellen und akademischen Boykott von israelischen Institutionen, die Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte, eine autonome und freie Universität ohne Repressionen sowie die Einführung von Ethik-Komitees unter studentischer Kontrolle.

Doch der HU-Präsidentin schienen diese Forderungen egal zu sein: Ohne mit der Wimper zu zucken, lehnte sie eine Verhandlung mit den Protestierenden ab, indem sie das Hausrecht unmittelbar an die Polizei übergab. Eine Entscheidung, die in der Vergangenheit bei der Besetzung des „Jabalia-Instituts” bereits zu massiver Polizeigewalt geführt hat. Nachdem die Polizei den barrikadierten Hörsaal nach einigen Stunden ohne Vorwarnung stürmte, nahm sie einige der Besetzer:innen brutal fest. Es folgten Schläge und Tritte gegen Protestierende in und vor der Uni – auch gegen die Sanitäter:innen.

Eine zentrale Strategie der Räumung war die Ausübung von extremer Polizeigewalt in Isolation: Außerhalb der Sichtweite von Zeug:innen erlitten abgeführte Aktivist:innen in Korridoren, Treppenhäusern und Nebenräumen brutale Übergriffe.

Wie bei der Jabalia-Besetzung kam es auch bei der jüngsten Besetzung zur Missachtung der Pressefreiheit: Bevor es erst zur unverhältnismäßigen Polizeigewalt während der Räumung kam, wurden die drei, sich im besetzten Hörsaal befindlichen erkennbaren Journalist.innen festgenommen. Wir sehen daran ganz klar, dass es sich um Taktiken der Einschüchterung und Zensur handelt.

Denn dass Journalist:innen als Zeug:innen gezielt vor den Augen der Protestierenden abgeführt wurden, schürt nicht nur Angst, sondern erlaubt auch die Verbreitung von Hetze.
Sowohl Springer & Co. als auch Uni-Leitung berichteten im Nachhinein von einer „friedlichen” Räumung und verletzten Polizist:innen.
Polizist:innen, die sich ihre Verletzungen durch das Einschlagen auf die Aktivistinnen selbst zugefügt haben.

Doch die brutale Polizeigewalt reicht dem HU-Präsidium nicht als Strafe, sie geht weiter mit einem dreimonatigen Hausverbot der an der Besetzung teilnehmenden Studierenden.

Wie alle Repressionen dienen sie als Einschüchterungsmittel und zielen auf die Existenz von den Studierenden ab. Ein dreimonatiges Hausverbot bedeutet für Bafög beziehende Studierende, dass sie nun noch prekärer in finanzieller Not leben müssen. Sich ihr Studium möglicherweise garnicht mehr finanzieren können. Es bedeutet auch, dass Studierende durch ihre Bekanntmachung potentiellen Schikanen seitens der Professor:innen ausgesetzt werden.

Letztlich ist ein Hausverbot eine gravierende Einschränkung des Grundrechts auf die Freie Berufswahl, die Möglichkeit, eine Tätigkeit zu wählen, die seinen Fähigkeiten, Interessen und Fähigkeiten entspricht, und sich daFür ausbilden zu lassen.

Die HU und ihre propagierte “freiheitlich demokratische Grundordnung” wird durch ihre Komplizenschaft an einem Genozid, ihren Partnerschaften mit israelischen Institutionen, der Unterdrückung von palästina-solidarischem Prostest auf dem Campus, ihrem Schweigen über den nun 595-Tage andauernden Genozid überschattet. Der Nährboden für Gewalt war bereits zuvor gelegt.

Statt sich auf die Seite eines autoritären Repressionsapparates zu stellen, fordern mir eine autonome Universität, in der ein wirklich Freier Raum des kritischen Diskurses gewährleistet wird, indem palästina-solidarischer Protest entkriminalisiert wird.

Stoppt die Repressionen, stoppt das Hausverbot! Stoppt die Komplizenschaft! Free Palestine!

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Fotos von einigen der der Interventionen, die während der Besetzung des Emil-Fischer-Hörsaals am 16. April 2025 stattfanden:

Fotos von: unpublished.de (Link: Instagram)


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